EXIT-sozial: Neue Hilfe am Telefon, wenn seltsame Stimmen stören

Etwa jeder zehnte Mensch kennt das ungewöhnliche Erlebnis, Stimmen zu hören, die sonst niemand hören kann. Diese Stimmen können flüstern oder schreien, freundlich oder boshaft sein, selten oder ständig auftreten, nach einiger Zeit wieder verschwinden oder bleiben. Wenn aber diese Stimmen zum Problem werden, bietet das „Netzwerk Stimmenhören“ ab sofort Rat und Hilfe am Telefon, jeden Mittwoch, von 14 bis 16 Uhr, unter 0699 171 88 480.

Zumindest 70.000 Menschen hören alleine in Oberösterreich irgendwann in ihrem Leben eine ungewöhnliche Stimme. „Das ist eine menschliche Fähigkeit, die wir alle aus unseren Träumen kennen und führt eher selten zu größeren Problemen“, sagt Psychologin Marlene Weiterschan, Expertin beim „Netzwerk Stimmenhören“. Für jene aber, die unter den ungewöhnlichen Stimmen leiden, bietet dieses Projekt von EXIT-sozial seit knapp 20 Jahren eine Selbsthilfegruppe, Beratung für Angehörige und österreichweite Informationsveranstaltungen.

„Doch viele Betroffene sind wenig mobil, andere möchten gerne anonym bleiben, scheuen den persönlichen Kontakt oder leben in Wien oder Innsbruck: Für diese Personen haben wir jetzt das Beratungstelefon eingerichtet “, erklärt Nadine Jagersberger, eine jener Expertinnen, die ab sofort jeden Mittwoch von 14 bis 16 Uhr unter 0699 171 88 480 erreichbar ist. Gute Erfahrungen mit der Telefonberatung für Stimmenhörende gibt es bereits in Berlin.

Die Ursachen für das Hören ungewöhnlicher Stimmen sind vielfältig, es ist aber meist eine menschliche Reaktion auf Belastungen und überwältigende Emotionen. Kriegsflüchtlinge, Extrembergsteigerinnen oder Menschen nach langem Schlafentzug hören diese Stimmen. Jeder zweite Hinterbliebene berichte, die Stimme der verstorbenen langjährigen Partnerin zu hören und etwa jeder 10. junge Mensch hört Stimmen, die oft als helfende Wesen erlebt werden und zumeist nach der Pubertät wieder verschwinden.

„Stimmenhören ist also kein Zeichen einer Erkrankung, kann aber krank machen“, sagt Charles Schneider, Psychotherapeut und Vorstandsvorsitzender von EXIT-sozial. Daher ist es wichtig, mit den ungwöhnlichen Stimmen gut umgehen zu lernen. Das heißt, mit diesen verhandeln, nicht alles glauben und sich nicht alles gefallen lassen, sind hier die wichtigen Strategien, die ein gutes Leben mit Stimmen im Kopf wieder möglich machen.

„Auch andere Menschen hören Stimmen, schon alleine das zu wissen, macht vieles leichter“, berichtet Hans Nussbaumer als Experte aus eigener Erfahrung und Begleiter der Selbsthilfegruppe für Stimmenhörende. „Es hilft, andere zu treffen, mit ihnen offen zu sprechen und zu erfahren, wie sie mit den Stimmen umgehen“. Damit können auch krankmachende Vereinsamung, Depression und wahnhafte Ideen vermieden werden.