Brennpunkt Forensik

 

Heute möchte ich über ein Thema schreiben, das mir sehr am Herzen liegt.

 

Es gibt zum einen den Irrtum in unserer Gesellschaft, dass Schizophrenie und Stimmenhören mit Gefährlichkeit assoziiert werden müssen, mit Unberechenbarkeit und sogar Abartigkeit. Die besonderen Fähigkeiten und die hohe Sensibilität von Betroffenen wird dabei oft außer Acht gelassen. Wobei man festhalten muss, dass nicht jeder Stimmenhörer schizophren ist und nicht jeder Schizophrene Stimmen hört.

 

Zum anderen gibt es die Illusion, die weit verbreitet ist, dass diese Erfahrungen nicht jedem passieren können. Dazu habe ich eine völlig andere Meinung. Ich bin mir sicher, dass wir alle die gleichen Anteile in unseren Persönlichkeiten in uns tragen, auf die Lebensumstände kommt es an, wie wir uns entwickeln. Jeder steht woanders, doch wir sind alle im selben Boot.

 

Dennoch wollen viele nicht wahrhaben – vielleicht auch aus Angst – dass es sie treffen könnte, und zwar mit allen Schicksalsschlägen, die es gibt. Meiner Auffassung nach kommt vieles unvorhergesehen und überraschend im Leben, ohne dass man viel Kontrolle darüber hat. Es kann jeden treffen, psychisch krank zu werden und es kann auch jeden treffen, gefährlich zu werden und eine Straftat zu begehen.

 

Mich persönlich hat das Hören von aggressiven Stimmen mitunter dazu gebracht, dass ich wegen einer „Gefährlichen Drohung“ und „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ in eine forensische Abteilung eingewiesen wurde. Meine psychotische Symptomatik hatte sich verschlechtert, ich konnte mit meinen Traumatern nicht mehr fertig werden, meine unterdrückte Wut nicht ausdrücken. In diese emotional sehr schwerwiegende Situation war ich durch das Erleben von verschiedenen Mobbing-Erfahrungen gekommen.

 

Zwei Jahre lang war ich den Bevormundungen und gravierenden Einschränkungen auf der Forensik unterworfen, dem Machtgebaren und der Willkürlichkeit des Personals hilflos ausgeliefert. Ich fühlte mich entfremdet von der Außenwelt, gefangen in meiner Stimmenwelt und verurteilt, geknechtet. Ausgebootet von diesem Psychiatriesystem und von einem gewaltigen Justizapparat, der über mich herrschte. Ich war wehrlos, sprachlos, rechtlos. Denn Aufbegehren wurde sanktioniert und als Uneinsichtigkeit gedeutet.

 

Nach dieser Haft musste ich ungefähr ein halbes Jahr in einem von forensischen Männern dominierten Übergangswohnhaus wohnen, wurde dort von Sozialarbeitern betreut. Insgesamt wurde ich fünf Jahre nachbetreut. So große Angst hat die Gesellschaft vor psychisch kranken Straftätern … Am 1.2.2016 endete meine Probezeit.

 

Ich hoffe wirklich, von ganzem Herzen, dass Menschen eher dazu geneigt sind, Bewusstsein zu entfalten, anstatt auszugrenzen. Wenn ich dazu einen Beitrag leisten kann, werde ich dies entschlossen umsetzen. Es ist so wichtig, dass psychisch kranke Straftäter, die selbst Opfer von Traumatern wurden, Hilfe bekommen und als ebenso wertvolle Menschen gesehen werden, wie andere auch!!!

 

Mir persönlich sind nie solche liebenswürdigen, reifen, sensiblen und geläuterten Personen begegnet, wie die Mitpatienten auf der Forensik es waren. Das folgende Gedicht ist aus meinem Buch: „Das Universum in meinem Herzen“. In ihm habe ich meine Erlebnisse intensiv aufgearbeitet. Es beinhaltet ebenso eine Botschaft und einen Appell an die Gesellschaft.

 

Ich wünsche euch viel Offenheit und Vorurteilsfreiheit beim Lesen!

Mein Blick in den Spiegel (wagt ihr euren auch?)

 

In meiner Authentizität einst diskriminiert

in meiner Leistung niemals honoriert

von mir selbst und anderen schikaniert

darüber verletzt und verwirrt

von Ängsten und Selbstzweifeln traumatisiert

schließlich als geistig abnorm deklariert

und stigmatisiert

bleib mein einziges Ziel vor meinem geistigen Auge

immer klar formuliert:

zu beschützen die Liebe, wohin auch immer

dies mich führt.

 

Das verlorene Kind, das suchte die Wahrheit

den verborgenen Sinn, die absolute Geborgenheit

mit jeder Faser des Herzens gegen Grausamkeit

plötzlich von Angst, Schrecken und Grauen übermannt

mich selbst zur Retterin des Guten ernannt

meine Mitmenschen als Killer und Ungeheuer verkannt

mich in tragischer Isolation gegen sie gewandt

durch dieses Trauma in meinen Kräften völlig ausgebrannt

war ich immerzu in Liebe zu meinen Engeln entflammt

meine einzige Hoffnung, das einzige Licht, eine Hand.

 

Es war keine „Scheiße“, die ich baute

es war der gnadenlose Horror, der mir war passiert

stets von den höchsten Idealen motiviert

war es einfach die Unbarmherzigkeit meiner Krankheit

die mich hatte in klarem Urteilsvermögen blockiert.

 

Freude, Liebe, Wut und Aggressionen

sind in uns allen wohnende Emotionen

wirft euch das Schicksal in gewisse Lebenssituationen

könntet auch ihr andere nicht verschonen

mit destruktiven Verhaltensweisen und Reaktionen.

Versucht mit Aggressionen umzugehen

wagt euch selbst und andere Menschen zu verstehen

hört auf zu wollen

psychisch Kranke als sozial angepasste, funktionieren müssende

Roboter zu verdrehen

nur um besser in der Lage zu sein, dabei wegzusehen

was euch bei euch selbst irritiert in eurem seelischen Geschehen.

 

Medikamente sind zugleich Geschenke

Ausweichmanöver und Waffen

doch setzt sie bitte nicht ein

um ein Temperament zu bestrafen!!!

Oder um den Lautstärkepegel zu straffen

Menschen, die verschieden sind

müssen nicht auseinanderklaffen!!!

Seid offen für alle Menschen, Geschlechter und Rassen

bemüht euch, sie so viel wie möglich

sie selbst sein zu lassen!!

 

Die Verdammten tragen häufig die gesamte Last

für ihre eigenen Taten und die vermeintliche Unschuld

der Gesellschaft

selbst schwer traumatisiert kommen sie in Haft

während die Allgemeinheit ihre vernichtenden Schlüsse fasst.

 

Ihr drängt mich aus eurer Mitte an den Rand

dabei will ich in meine eigene innere Mitte finden

sprecht mir nicht länger ab Herz und Verstand

reicht mir eine Hand

setzt meinen Traum von Dazugehörigkeit nicht in den Sand!

Schenkt eine Umarmung mir und meiner inneren Landschaft

sowohl Bodenhaftung als auch das Träumen geben mir Kraft

es ist die Mischung aus Angst und Unwissen, die Vorurteile schafft

die Hoffnung auf Erweiterung der individuellen Grenzen sei erwacht

das Interesse für das Wohlbefinden aller Menschen sei entfacht

sowie die Auferstehung von Ehrlichkeit am Horizont

die mich frei macht. 

 

Wenn irgendjemand von euch eine Frage hat oder einen Kommentar abgeben will, ich beantworte das wirklich gerne.

 

Ich wünsche uns allen, dass wir die Erfahrungen machen können, mit denen wir uns am besten entwickeln können. Ich bin so dankbar, dass ich diesen Weg gehen konnte, wenngleich er noch so steinig war, so viele Dinge haben sich zum Guten gewendet, vor allem in meinem Inneren.

 

An die Gerechtigkeit und Vollkommenheit des Kosmos glaube ich aufrichtig.

 

In diesem Sinne: Viel Glück und alles Liebe weiterhin.

 

Hier noch zwei sehr spannende Links zum Thema „Forensik“. Frau Dr. Regina schildert eingehend und sehr treffend die Verhältnisse auf der Forensik.

 

Herzliche Grüße,

Barbara 

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