Erfahrungsbericht (H.A.)

Ich habe seit dem 18. Lebensjahr Probleme mit den Nerven. In der Pubertät hielt ich immer Diäten, bis ich ein wenig Richtung Magersucht rutschte, ich meine ein wenig, also ich hatte noch nicht 30 kg wie andere, aber doch schon etwas weniger als normal. Als ich kurz vor der Matura eine Grippe nicht ernst nahm, passierte es, - ich klappte zusammen, - hatte totale Probleme mit dem Kreislauf, kam nicht mehr vom Bett auf. Dazu kam noch eine totale innere Unruhe. Ich erinnere mich an diese Zeit als wirklich schrecklich. Als ich in diesem Zustand Psychopharmaka erhielt, war das eine große Erleichterung. Ich funktionierte wieder. Doch der gebesserte Zustand wurde erkauft mit einer Gewichtszunahme, die bei meiner Empfindlichkeit diesem Thema gegenüber sehr belastend war. Ich trug nun Größe 40 und war dementsprechend unglücklich. Darum sah ich es als auch Licht am Horizont, als ich von einer Frau las, die Therapie machte und dabei ihre Medikamente absetzte. Das war schon 5 Jahre nach meinem Zusammenbruch. Einmal hatte ich schon versucht, meine Medikamente abzusetzen, doch es endete mit schrecklichen Kopfschmerzen. Doch ich wollte es wieder versuchen und begann diesmal langsam und vorsichtig. Abgesehen von geringen Kopfkrämpfen passierte nicht viel. Doch als ich alles abgesetzt hatte, bemerkte ich nicht, dass sich bei mir ein teilweise veränderter Bewusstseinszustand einschlich. Ich hörte Stimmen, oder besser eine innere Stimme, die über mich bestimmte und sich zu meinem Denken dazugesellte. So konnte ich es auch nicht als etwas Fremdes wahrnehmen, obwohl ich einmal, als ich im Urlaub war, diese Stimme als etwas aufgesetztes wahrnahm, dem zu folgen mich in einen Zustand, der nicht bei mir selbst war, brachte. Ich hatte das Gefühl, irgendwie außer mir zu sein, fremdbestimmt zu sein, ich hinterfragte diese Stimme aber nicht, weil ich sie irgendwie als zu mir selbst gehörig erlebte.

Jetzt später ziehe ich einige Vergleiche zur Stimme meiner Mutter, der zu folgen für mich in meiner Jugend auch oft ein Gefühl von außer mir zu sein provozierte, nämlich, dass sie mich oft zu Hilfeleistungen antrieb, die meinem körperlichen und seelischen Zustand eher nicht entsprachen.

Meine Stimmen waren innere, die ich damals auch nicht von meinen Gedanken unterscheiden konnte, keine akustischen. Später, als ich schon wieder Medikamente genommen hatte und sie wieder absetzte, wurde ich dermaßen von einer inneren Stimme geplagt, die mich ständig herumkommandierte, dass ich die erste Phase des Stimmenhörens erst als solche erkannte.

Ich hatte mich damals unter Anleitung meiner Stimme in eine unendlich schwierige Situation manövriert, war eine Beziehung eingegangen, die ich im Grunde meines Gefühls gar nicht mehr wollte, weil die Person sich sehr schlecht mir gegenüber benommen hatte. Ich hörte aber auf eine innere Stimme, die mir riet, die Beziehung wieder aufzunehmen.

Ich glaube, dass ich damals auch irgendwie ein wenig religiös oder mystisch angehaucht war, auf Nächstenliebe und  Verzeihen ausgerichtet. Meinen wahren Bedürfnissen folgte ich in diesem Zustand nicht. Ich verwechselte diese Stimme auch ein wenig mit einer Stimme von oben.

Wenn ich jetzt Medikamente nehme, beruhigt mich das in der letzten Zeit im Hinblick darauf, dass ich keine Fehlentscheidung treffen kann, dass mir kein Zustand des Außer-mir-Seins nochmals passiert. Wenn ich Medikamente nehme also komme ich nicht in diese Zustände, obwohl ich gerne Anlässe wahrnehme, um mir über das Vergangene klarer zu werden. In der letzten Zeit leide ich auch nicht mehr unter den Medikamenten, was zunehmen anbelangt, (um wieder auf das Eingangsthema zurückzukehren), weil es inzwischen etwas bessere gibt.